Grötzinger Presseerzeugnisse seit 1918 kommen ins Archiv



Die Öffentlichkeit soll Zugang bekommen. „Zeitungen sind ergiebige Quellen für Historiker, man kann deren Epoche ganz nah heranzoomen.“ Dr. Ferdinand Leikam, Leiter des Pfinzgaumuseums zeigt glücklich seine Wertschätzung für zwei Neuzugänge im Städtischen Archiv. Auf Vermittlung des Grötzingers Volker Ebendt gelangten jüngst nicht nur Grötzinger Presseartikel seiner Mutter Charlotte der Jahre 1949 bis 1953 in den Besitz des Archivs, sondern dazu noch faszinierende 100 Jahre Berichterstattung der Zeitungen „Pfinztäler Bote“ und „Das Pfinztal“ ab 1918. Zusammen sind dies ertragreiche Urtexte und lebendige Illustrationen für die Geschichtsschreibung des Ortes, der Stadt und des Pfinzgaus. Für Karlsruhe sei das besonders wichtig, da die Archivierung der Vororte bisher noch lückenhaft war, so Leikam.
Zusammengefasst gelesen lassen sich aus Nachrichten der Vereine, Berichten und Kleinanzeigen zum Beispiel Rückschlüsse auf Wohlstand oder Moden der Zeit ziehen. Beispielhaft zitiert Leikam Ausgaben des Jahres 1949: Die Anzeige für einen Sirup-Ersatz kündet von Zuckerknappheit, oder „instandgesetzte Burschen- und Knaben-Hosen“ geben Zeugnis von knappen Budgets, Kleidung war also (noch) ein kostbares Gut. Kirchenkonzerte und das Programm der Grötzinger Filmbühne berichten vom Aufbau des kulturellen Lebens. Auch die politischen Verhältnisse spiegeln sich wider: Die KPD annonciert, ist noch nicht verboten, ein Dr. König aus Pforzheim kandidiert für die SPD und es wird über das bundesweite Soforthilfegesetz zur Befriedigung der Grundbedürfnisse Heimatvertriebener und anderer Bevölkerungsgruppen berichtet. Die Wahlergebnisse der Gemeinden des Pfinztals spiegeln die Verhältnisse der Parteien im Ort. Erstaunlich ist der Aufruf eines „ck“, der vier Jahre nach Kriegsende auf die Erschließung Grötzingens für den Fremdenverkehr drängt, um Kaufkraft von außen anzuziehen.
Die Aufnahme ins Archiv bedeute beileibe nicht das „Wegsperren“ wichtiger Dokumente, wie Dr. Ernst Otto Bräunche betont. Ganz im Gegenteil: „Das soll sichern, dass diese Unterlagen künftig der Allgemeinheit zur Verfügung stehen“, sagt der Leiter des Stadtarchivs. Damit dies möglich wird, betreut Stadtarchivrätin Dr. Katrin Dort ab jetzt die Grötzinger und Pfinztäler Schriften, die zunächst verzeichnet werden: „Bestimmte Teile werden dann digitalisiert, es werden Probescans erstellt und wenn alles gut läuft, erhalten wir ein vollständiges Digitalisat.“ Zur Verwaltung des Archivs wird das Programm „AUGIAS-Archiv“ eingesetzt, das von einem großen Teil der Staats-, Kommunal-, Kirchen- und Adelsarchive in Deutschland genutzt wird. „Ein Antrag bei der Deutschen Forschungsgesellschaft zur Digitalisierung alter Amtsbücher und Verwaltungsunterlagen wurde bereits bewilligt, Gelder vom Bund sollen für das Entsäuern der Papiere und deren Verpackungen eingesetzt werden.“ Bei Lagerung außerhalb des Archivs wären große Teile der Papiere bald dem Verfall preisgegeben. Sie müssen daher zwingend entsäuert und lichtdicht verwahrt werden, bei gleichbleibender Luftfeuchtigkeit und einer konstanten Temperatur von 18°C im Magazin. „Die könnten wir noch niedriger halten, nur würde dann keiner mehr so gern ins Magazin gehen“, schmunzelt Dr. Ort.
Man darf gespannt sein, wann und in welcher Form die Dokumente des Karlsruher Stadtteils der Öffentlichkeit zugängig gemacht werden.


Grötzingen - Redaktion
25. März 2019

Grötzinger Presseerzeugnisse seit 1918 kommen ins Archiv

Die Öffentlichkeit soll Zugang bekommen. „Zeitungen sind ergiebige Quellen für Historiker, man kann deren Epoche ganz nah heranzoomen.“ Dr. Ferdinand Leikam, Leiter des Pfinzgaumuseums zeigt glücklich seine Wertschätzung für zwei Neuzugänge im Städtischen Archiv. Auf Vermittlung des Grötzingers Volker Ebendt gelangten jüngst nicht nur Grötzinger Presseartikel seiner Mutter Charlotte der Jahre 1949 bis 1953 in den Besitz des Archivs, sondern dazu noch faszinierende 100 Jahre Berichterstattung der Zeitungen „Pfinztäler Bote“ und „Das Pfinztal“ ab 1918. Zusammen sind dies ertragreiche Urtexte und lebendige Illustrationen für die Geschichtsschreibung des Ortes, der Stadt und des Pfinzgaus. Für Karlsruhe sei das besonders wichtig, da die Archivierung der Vororte bisher noch lückenhaft war, so Leikam.
Zusammengefasst gelesen lassen sich aus Nachrichten der Vereine, Berichten und Kleinanzeigen zum Beispiel Rückschlüsse auf Wohlstand oder Moden der Zeit ziehen. Beispielhaft zitiert Leikam Ausgaben des Jahres 1949: Die Anzeige für einen Sirup-Ersatz kündet von Zuckerknappheit, oder „instandgesetzte Burschen- und Knaben-Hosen“ geben Zeugnis von knappen Budgets, Kleidung war also (noch) ein kostbares Gut. Kirchenkonzerte und das Programm der Grötzinger Filmbühne berichten vom Aufbau des kulturellen Lebens. Auch die politischen Verhältnisse spiegeln sich wider: Die KPD annonciert, ist noch nicht verboten, ein Dr. König aus Pforzheim kandidiert für die SPD und es wird über das bundesweite Soforthilfegesetz zur Befriedigung der Grundbedürfnisse Heimatvertriebener und anderer Bevölkerungsgruppen berichtet. Die Wahlergebnisse der Gemeinden des Pfinztals spiegeln die Verhältnisse der Parteien im Ort. Erstaunlich ist der Aufruf eines „ck“, der vier Jahre nach Kriegsende auf die Erschließung Grötzingens für den Fremdenverkehr drängt, um Kaufkraft von außen anzuziehen.
Die Aufnahme ins Archiv bedeute beileibe nicht das „Wegsperren“ wichtiger Dokumente, wie Dr. Ernst Otto Bräunche betont. Ganz im Gegenteil: „Das soll sichern, dass diese Unterlagen künftig der Allgemeinheit zur Verfügung stehen“, sagt der Leiter des Stadtarchivs. Damit dies möglich wird, betreut Stadtarchivrätin Dr. Katrin Dort ab jetzt die Grötzinger und Pfinztäler Schriften, die zunächst verzeichnet werden: „Bestimmte Teile werden dann digitalisiert, es werden Probescans erstellt und wenn alles gut läuft, erhalten wir ein vollständiges Digitalisat.“ Zur Verwaltung des Archivs wird das Programm „AUGIAS-Archiv“ eingesetzt, das von einem großen Teil der Staats-, Kommunal-, Kirchen- und Adelsarchive in Deutschland genutzt wird. „Ein Antrag bei der Deutschen Forschungsgesellschaft zur Digitalisierung alter Amtsbücher und Verwaltungsunterlagen wurde bereits bewilligt, Gelder vom Bund sollen für das Entsäuern der Papiere und deren Verpackungen eingesetzt werden.“ Bei Lagerung außerhalb des Archivs wären große Teile der Papiere bald dem Verfall preisgegeben. Sie müssen daher zwingend entsäuert und lichtdicht verwahrt werden, bei gleichbleibender Luftfeuchtigkeit und einer konstanten Temperatur von 18°C im Magazin. „Die könnten wir noch niedriger halten, nur würde dann keiner mehr so gern ins Magazin gehen“, schmunzelt Dr. Ort.
Man darf gespannt sein, wann und in welcher Form die Dokumente des Karlsruher Stadtteils der Öffentlichkeit zugängig gemacht werden.