Am Mittwochabend, 16. Oktober, knisterte es im Sitzungssaal des Grötzinger Rathauses: Die Wahl des neuen Ortsvorstehers stand an und es war schnell klar, dass diese Entscheidung nicht nur das Gremium des Ortschaftsrates beschäftigen würde. Auch knapp 100 Bürgerinnen und Bürger wollten live dabei sein, was für eine Sitzung des Ortschaftsrates bemerkenswert ist. In geheimer Wahl hatten 18 Ortschaftsräte das Grötzinger Oberhaupt zu wählen, auf dass die entsprechende Personalentscheidung dann an den Karlsruher Gemeinderat geht, der – in aller Regel – dem Vorschlag entspricht und ihn formell beschließt. Doch es kam ein bisschen anders.
Die drei Kandidaten stellten sich vor
Als Kandidaten beworben hatten sich die bisherige Ortsvorsteherin Kare Eßrich, Jens Jägle und Mykola Heinrich. Die Wahl fand geheim statt. Dennoch war man um Transparenz bemüht, weshalb die Sitzung öffentlich war und: Alle drei Kandidaten hatten sich in einer 15-minütigen Rede dem Gremium und den Bürgern vorzustellen. Die Redner hatten in ihrer Rede auf vorbereitete Fragen des Ortschaftsrates einzugehen, etwa welche Schwerpunkte sie als Ortsvorsitzende setzen würden, welchen Führungsstil sie im Umgang mit dem Personal pflegen und was sie im Falle ihrer Amtsbesetzung aus der wichtigen Rolle der Kultur für Grötzingen machen würden.
Karen Eßrich
Inhaltlich mit konkreten Beispielen äußerte sich hier mit Abstand am besten Karen Eßrich. Sie ging unter dem Motto „Gemeinsam Grötzingens Stärken stärken“ greifbar auf Ideen und Vorhaben ein. Sie nannte das Projekt „Sonnendorf“ beispielhaft, wo in der Vergangenheit Ortschaftsrat, Ortsverwaltung, Bürger und Vereine Hand in Hand gegangen seien, um entscheidende Beiträge zur Energiewende anzugehen. Sie benannte, dass der Raum rund um den Niddaplatz Begegnungsplatz bleiben solle, aber eben auch Parkraum zu erhalten ist, dass Grötzingens Bus- und Bahnhaltestellen barrierefrei werden sollen. Eßrichs Worte ließen auch die Sparvorgaben der schlechten Karlsruher Haushaltslage nicht aus. Man hörte heraus, dass hier jemand schlüssig machbare Ziele für die Zukunft Grötzingens formulierte.
Jens Jägle
Bewerber Jens Jägle betonte etwas allgemeiner, wie wichtig das Vertrauen der Bürger in den Staat und damit auch in die Ortsverwaltung Grötzingen sei. Wenn der Kontakt des Bürgers mit der Verwaltung einmal negativ konnotiert sei, bleibe so etwas auf Jahre haften. Erhalt und Stärkung der Ortsverwaltung sind ihm deshalb wichtig. Jägle leitet derzeit am Ordnungs- und Bürgeramt Karlsruhe die Abteilung Bürgerangelegenheiten.
Mykola Heinrich
Bewerber Mykola Heinrich schließlich erklärte allen Anwesenden nochmals generell die Rolle des Ortsvorstehenden, der stets im Auftrag der Ortschaftsräte unterwegs ist, die ihn wählen und beauftragen. Mykola Heinrich betonte auch, dass ihm der persönliche Kontakt und die Nähe zu den Menschen vor Ort wichtig seien.
Die Wahl
Im durchweg fröhlichen Ton führte Ortschaftsrätin Veronika Pepper (CDU) durch das Verfahren und die anschließende Wahl. Insbesondere bat sie alle Anwesenden von etwaigen Beifallsbekundungen für die Redner abzusehen, weil ansonsten der faire Wettbewerb verzerrt würde. Auch aufs Klatschen nach den Reden sollte deshalb verzichtet werden.
Bei 18 Stimmen kam es dann im ersten Wahlgang zu einem Patt von 9 zu 9 Stimmen für die beiden Parteilosen, Eßrich und Jägle. Im zweiten Wahlgang gab es 9 Stimmen für Eßrich und 8 Stimmen für Jägle und eine Enthaltung.
Das Ergebnis – Finale im Gemeinderat
Damit lag Karen Eßrich mit einfacher Mehrheit zwar vorn, doch reicht dies nach der in Karlsruhe üblichen Regel nicht aus. Wenn nämlich auf einen Bewerber keine Zweidrittel-Mehrheit zustande kommt, wird nicht im Ortschaftsrat sondern im Karlsruher Gemeinderat entschieden. Und die Bewerber müssen nochmals im Personalausschuss vorstellig werden. Insofern war der spannende Wahlabend in Grötzingen noch längst nicht das Ende der Spannung. Für Karen Eßrich wäre es das dritte Mal, Ortsvorsteherin von Grötzingen zu werden.